Wie wir das mit dem Gendern sehen
Unter dem Stichwort des „Genderns“ werden wir schon länger, noch vorwiegend von Kundinnen und jetzt auch von weiblichen Mitgliedern, darauf hingewiesen, dass sie sich mit der ausschließlichen Verwendung der grammatisch männlichen Formen in den Schreiben nicht angesprochen fühlen. Sie fordern uns auf, sie zukünftig bitte auch sprachlich mit einzubeziehen. Einer jetzt zum Teil stark ideologisch verengten „Glaubensdebatte“ darüber möchte ich mich nicht öffnen. Andererseits ist es richtig, dass in unserer Sprache oft ein grammatisches Maskulinum für eine Gesamtheit von Personen steht („alle Radfahrer“, „alle Teilhaber“). Diese historisch entstandene grammatische Form enthält für viele Frauen einen Ausdruck männlicher Dominanz. Deshalb wird gefordert, Gleichberechtigung auch in der sprachlichen Form hörbar und sichtbar werden zu lassen. Dafür gibt es eine ganze Reihe von Vorschlägen, die zum Teil kontrovers diskutiert werden.
Sprache war zu allen Zeiten
dem Wandel als Ausdruck gesellschaftlicher Veränderungen unterworfen,
manches davon hatte als vorübergehende Zuspitzung des Zeitgeistes keinen
Bestand und manches drückte bleibende gesellschaftliche Veränderungen
aus. So werde ich in von mir formulierten Schreiben und Texten mit
einiger Gelassenheit die Einbeziehung der Geschlechter in den
sprachlichen Formulierungen suchen, wo immer und in welcher Form ich das
für möglich erachte, ohne dabei zur Umgehung des Problems auf
Anglizismen auszuweichen.
Manche Genderformen werde ich aber aus
ästhetischen Gründen wohl nicht verwenden. Das „*“ Gendersternchen ist
zwar eine praktische Form der Verkürzung, aber auch nicht völlig
überzeugend. Sind in „die Bäuer*innen“ noch „die Bauern“
eingeschlossen?.
In der Anrede und Begrüßung möchte ich weiterhin
die ausführliche Form der Doppelung wählen. Ich werde auch keine
widersinnigen Schematismen anwenden („liebe MitgliederInnen“ – „die
Mitglieder“ ist keine maskuline Form, sondern der Plural vom Neutrum
„das Mitglied“, so wie „Kinder“ der Plural vom Neutrum „das Kind“ ist).
Früher war die Anrede in einer Genossenschaft noch umstandslos „Genosse“
bzw. „Genossen“, da wäre die Adaption der weiblichen Form jetzt auch
einfach gewesen. Der Zeitgeist hat die Sprache hier aber bereits
verändert, heute nennen wir uns Mitglieder und wie oben ausgeführt,
schließt das beide Geschlechter ein.
Im Deutschlandfunk gab es kürzlich einen Beitrag dazu, in dem ich mich gut wiederfand:
Streit
ums Gendern - Was sich aus früheren Sprachdebatten lernen lässt - Zwei
Drittel der Deutschen lehnen eine gendergerechte Sprache ab. „Zuhörende“
statt „Zuhörer“? „Wähler*innen“? Lieber nicht! So hitzig die Diskussion
auch geführt wird, neu sind solche Debatten nicht. Ob und wie sich
Neuerungen am Ende durchsetzen, ist eine langwierige Abstimmung mit den
Mündern.
Im Internet abrufbar unter https://www.deutschlandfunk.de/streit-ums-gendern-was-sich-aus-frueheren-sprachdebatten-100.html