Mit dem neuen Reiseformat „… einfach mal mitfahren“ bieten wir die Möglichkeit, sich uns einfach anzuschließen, wenn wir unsere liebe Familie Librandi bei der Orangenernte besuchen und den Geschwistern ein wenig bei der Ernte helfen. Es handelt sich also nicht um eine im klassischen Sinne organisierte Gruppenreise mit Reiseleitung und einem Rundum-Sorglospaket. Sie buchen Ihre Flüge selbst, und wir treffen uns dann auf dem Flughafen Bari Palese, um gemeinsam die Reise zu beginnen. Die Reservierung eines Autos und der Unterkunft kümmern wir uns. Sie tragen selbst vor Ort die Kosten für Auto, Unterkunft, Essen und eventuelle Eintritte (geschätzt ca. 500-600 euro). Die nächste Reise findet je nach Reifung der sehr beliebten Bio-Orangen zwischen Mitte November und Anfang Dezember 2024 statt.

von Conrad Bölicke

Die Wetterprognosen versprachen heftige Regenfronten in Süditalien und ich war bereits früher nach Bari angereist, mitten in den über den ganzen Tag anhaltenden ausgiebigen Regen hinein. Alle Zuversicht musste ich für die kommenden Tage zusammennehmen, als dann zwei Tage später bis zum Mittag alle 12 Teilnehmer*innen am Flughafen Bari ankamen und es gleich weiter nach Kalabrien ging. Wir hatten Glück. Bei unserem Zwischenstopp in Alberobello, der Stadt der Trulli, hatte sich der Regen vorerst erschöpft. Bei einem improvisierten Mittagsimbiss im Freien, mit Focaccia & Taralli der Familie Marinelli aus der Kellerbäckerei in Bitonto, mit tagesfrisch bereitetem Mozzarella und Tomaten, Olivenöl No.3 der Librandis und Balsamico Sua Maesta, lernten wir uns schon mal kennen und stimmten uns auf die kommenden Tage ein. Mit einer längeren Fahrt ging es weiter nach Kalabrien zu unserer Unterkunft, dem Agro-Tourismo „il Mulino“, die kurz vor dem Ziel endete, weil der viele Regen die Straße in ein Flussbett verwandelt hatte. Eine schöne Begrüßung, die uns alle motivierte uns zuerst über Gummistiefel und erst dann über Orangen zu unterhalten. Ich wusste von einem „China-Laden“ im Ort, von denen es hier in Süditalien viele gibt und in denen es auf kleinstem Raum alles zu geben scheint, was in China hergestellt wird. Alle fanden einen passenden Gummistiefel in ihrer Größe, kleinere Größen für 6,00 Euro und größere für 10,00 Euro. Da sich hier bereits herausstellte, dass alle Teilnehmer*innen über eine vergleichbare Haltung und Aufmerksamkeit zu Umweltfragen verfügten, war schnell klar, dass dieser Ankauf eine erste Investition für die Reisen im nächsten Jahr sein würde. Alle Stiefel blieben in der Obhut der Geschwister Librandi.

Dann ging es los zur Orangenernte. Michele Librandi verteilte an uns je einen Eimer, ein paar Handschuhe und eine kleine Gartenschere, mit der wir die Orangenstiele dicht an der Orange vom Baum abschneiden sollten, damit sie bei der Lagerung nicht die Schale anderer Orangen beschädigen können. Die Wolken rissen auf, die Sonne erstrahlte und nach und nach konnten wir uns der Jacken und Pullover entledigen und spätsommerliche Temperaturen bei der Ernte genießen. Der Hain war klein, so dass wir beim Ernten dicht beieinanderblieben, uns miteinander über das Ernten und auch persönliches austauschen und uns kennen lernen konnten. Michele und Angela Librandi servierten noch einen rustikal improvisierten Imbiss im Hain, der die gefühlte Leichtigkeit des ersten Erntetages abrundete und uns zufrieden auf die gefüllten Orangenkisten blicken ließ. Die Nacht gehörte wieder dem Regen und wir wechselten zu einem größeren Olivenhain mit kleineren Bäumen, aufsteigender Hanglage und schwerem Boden. Die Wolken waren leer, die Sonne des Vortages blieb aber aus und wir arbeiteten uns, jede*r für eine Baumreihe den weiten Hang hinauf. Hier mussten wir mit dem gefüllten Eimer eine längere Strecke und häufiger als am Tag zuvor bis zur Sammelstelle der Orangen zurücklegen. Schnell versanken alle konzentriert und für sich allein in ihre Arbeit des Erntens. Es wurde ein Erntetag, der uns spüren ließ, was einem diese Arbeit abfordert, wenn man es nicht nur für ein paar Tage aus Erlebnisfreude macht.

Auf dem Programm standen neben den Orangen natürlich auch Kultur, Kulinarik, Oliven und Olivenöl. Nach einer Einführung und einem bildlich dargestellten biologischen Ausflug in die Olive hinein bis zur Fruchtzelle, in der das Olivenöl gebildet wird, ging es zu Angela in die Olivenmühle, die nicht in Betrieb war, weil der Regen die Elektrik lahmgelegt hatte. So konnten wir sie zwar nicht im Betrieb erleben, aber die Ruhe nutzen, um alle Stationen der Mühle ausführlich zu erklären.

Für Besucher erschließt sich aus dem Ortsnamen Vaccarizzo Albanese nicht sofort die dahinter liegende mehr als fünfhundert Jahre alte und spannende Kulturgeschichte dieser alt-albanischen Enklaven in heutiger autonomer Selbstverwaltung mit der Zweisprachigkeit von altalbanisch Arberesh und italienisch. Bei Besuchen der Wallfahrtskirche in San Cosmo und der Altstadt von Vaccarizzo konnten wir Einblicke in diese lange Geschichte erlangen, die mit zu den Wurzeln auch der Familie Librandi gehören.           

Der Rückweg nach Bari führte uns in die europäische Kulturhauptstadt aus dem Jahre 2019, Matera, in der wir uns die Sassi, einer Höhlenstadt anschauten, in der noch bis 1952 ca. 15.000 Menschen lebten und die seit 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Für die Tage vor dem Rückflug standen noch die Geschichte der Staufer mit dem deutschen Kaiser Federico Secondo auf dem Programm, der um 1220 von hier das römisch-deutsche Reiche führte und die Permakultur als Quelle für eine moderne Landwirtschaft. 

Wie schon oft auf unseren Reisen führte uns Klaus Haase mit seinem fulminant historischen Wissen durch das Castel de Monte und die Kathedrale von Bitonto, immer auf den Spuren und dem Wirken des deutschen Kaisers und der Staufer.

Zurück in der Moderne ging es in Palombaio zu unseren dortigen arteFakt Patenschafts- und Landschaftsmuseumsolivenhain und anschließend zu Giuseppe Sannicandro, einem international vernetzten Permakultur-Spezialisten. Hier ließen wir uns sein neues Projekt in Palombaio zeigen und erklären, die Anlage eines Waldgartens als eine zukunftsfähige landwirtschaftliche Alternative, die dem Klimawandel mit seinen Folgen entgegenwirken kann. Wir freuen uns sehr einen so spannenden Nachbarn jetzt im Ort zu haben und mit ihm eine Zusammenarbeit zu beginnen.

Wie so oft war die Reise zu kurz und alle sind sicher randvoll mit neuen Eindrücken, Informationen und vollen Mägen zurückgekommen und müssen das alles erst verdauen. Alle Teilnehmer*innen hatten sich schon nach kurzer Zeit zu einer lockeren und entspannten Gemeinschaft zusammengefunden, als würde es ein Wiedersehen alter Freunde und Freundinnen sein. Das hat die Reise leicht gemacht und wird es auch uns leicht machen, Sie im kommenden Jahr wieder zur Mitreise einzuladen.

Die Orangenernte

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Rahmenprogramm

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8 Gedanken zu „Reise zur Orangenernte nach Kalabrien“

  1. Unsere Reise zu den Orangen ist nun schon 8 Tage her. Zurück in Deutschland haben mich dann doch die Grippeviren erwischt. Beim Vermahlen der getrockneten Orangenschalen erinnerte ich gerade wieder diesen Duft im Orangenhain, das Licht- und Schattenspiel der Orangenbäume, die wärmende Atmosphäre im Olivenhain in Palombaio. “ Zu Gast bei guten Freunden“ so würde ich die herzliche Gastfreundschaft der Librandi Geschwister beschreiben. Conrads unermüdlicher Enthusiasmus und Tatendrang gepaart mit einem fundierten Wissen haben bei mir Spuren hinterlassen. Ein Satz, der mir in Erinnerung bleibt. Sinngemäß: ….ich suchte nicht nach Produkten sondern nach Menschen, mit denen ich zusammen Gutes herstellen kann….
    Den manchmal auch erfrischend humorvollen, charmanten kulturhistorischen Ausführungen von Klaus zu lauschen, bereitete mir ein Vergnügen. Conrad und Klaus- zwei Reiseleiter, die sich wunderbar ergänzen.
    Es war eine rundum gelungene Woche in Italien: Arbeitseinsatz, Begegnungen mit Menschen, Besichtigungen, Wissenserweiterung un d letztlich auch die kulinarischen Genüsse.

  2. Es ist ganz schön diese besonderen Reiseeindrücke zu lesen. Der Wunsch bei der nächsten Ernte dabei zu sein verstärkt sich.
    Aber: Kennt ihr noch die „Lenor Werbung“? Mein Gewissen tritt neben mich und ist der Meinung das ich mir das nicht leisten kann!
    Kann jemand mein Gewissen mit einer konkreten Euro Angabe zu dieser Woche – exklusive Gummistiefel, beruhigen?
    Herzlichen Dank
    Marion

    1. Liebe Marion,
      Was für eine Freude zu lesen, dass die Erzählungen der Reisenden Lust erwecken, nächstes Mal mit dabei zu sein!
      Kurz zu Ihrer Anfrage: Die Mitreise ist auf der Grundlage einer Selbstkostenbeteiligung erfolgt und die Erntearbeit wurde kulinarisch von der Familie Librandi vergütet. Da die Kosten für Flüge, Unterkunfte und Essen für die Reisende teilweise sehr unterschiedlich ausgefallen sind (abhängig von Wohnort, Einzel- oder Doppelzimmer, 1-2-3 Gänge und Getränke beim Abendessen usw.), können wir Ihnen keine konkrete Zahl verraten, sondern nur schätzen, dass die Reise durchschnittlich 700 euro pro Person gekostet haben sollte.
      In der Hoffnung behilflich gewesen zu sein, sende ich Ihnen liebe Grüße aus Wilstedt und wünsche eine schöne Vorweihnachtszeit! Hoffentlich bis bald, vielleicht mal persönlich?!
      Manuela Di Bari – arteFakt Veranstaltungsteam

      1. Herzlichen Dank für die aufschlussreiche Antwort zu den Reisekosten. Prima, das liegt durchaus in meinem Budget und somit werde ich bestimmt dad nächste Mal dabei sein.
        Lg
        Marion

  3. Eine aufregende Reise ins adventliche Kalabrien!
    Die Auswirkungen der heftigen Regenfälle im Süden Italiens beschränkten sich für uns zum Glück aufs Tragen von Gummistiefeln und das Abspülen der Lehmklumpen im angrenzenden Bach. In der Nachmittagssonne konnten wir dann unsere Winterjacken an den Bewässerungsleitungen in den Kronen der Orangenbäume aufhängen.
    Die Ernte ähnelt der Obst/Apfelernte am Niederrhein: Eimer füllen, in größere Behälter ausschütten, Abtransport mit einem kleinen Trecker. Allerdings sind die Orangenbäume sehr dicht verzweigt, ein Pflücker ist nicht verwendbar, jede Orange muss einzeln mit einer kleinen Gartenschere abgeschnitten werden.
    Auch Fragen zum Anbau und zur Olivenölherstellung, dem Hauptgeschäftszweig der Familie Librandi, wurden uns im Hain und beim Besuch der Mühle direkt von den Geschwistern Librandi beantwortet.
    Conrad hat unsere Gruppe wunderbar umsorgt, von Ankunft bis Abreise war alles bestens organisiert. Transport, Unterkunft, Essen, Picnic, Cafe/Limoncello in der Bar, Geschichte der Albanischen Flüchtlinge in der Region, Besonderheiten der Olivenölproduktion,.. Toll!
    Danke auch an Klaus für die Übersetzung und die historischen Hintergründe!!
    Birgitt

    1. Liebe Birgitt,
      Vielen Dank für die tolle Reise-Impressionen und für die schöne Fotos, die uns erreicht haben!
      Viel Genuss und viel Freude über die Festtage und hoffentlich bis bald!
      Manuela Di Bari – arteFakt Veranstaltungsteam

  4. Von der Reise zu den Bio Navel-Orangen bin ich ganz erfüllt zurückgekommen. Die perfekte Organisation Conrads, seine stete Achtsamkeit und Präsenz, sein fulminantes Wissen sowie die freundlichen und unkomplizierten Mitreisenden haben zu einem besonders angenehmen Reisegefühl beigetragen. Ich fühlte mich durch einen kleinen Teil Süditaliens kulturell und kulinarisch getragen und mit viel Wissen versorgt. Während der Orangenernte hat sich das Dezemberwetter von seiner besten Seite gezeigt und die Librandis haben uns im Hain mit leckerem Essen erfreut, so dass es ein wunderbares Pflückerlebnis für mich war. Bei der Reise habe ich nicht nur viel Neues und Interessantes über Orangen, Oliven und deren Verarbeitung gelernt, sie war auch eine kulinarische Erfahrung. Ich habe u.a. die beste Orangenmarmelade „ever“ und den besten Mozarella gegessen sowie Lakritz in besonderer Verarbeitung. Das kulturelle Rahmenprogramm hat mich ebenfalls mit umfangreichen Informationen über süditalienische Städte „genährt“. Klaus wusste sehr kurzweilig zu erzählen und ich habe gerne zugehört, auch wenn ich mir (leider) nur einen kleinen Teil davon merken konnte. Insgesamt war die Reise für mich ein herzerfreuendes Erlebnis mit vielen neuen Erkenntnissen!

    1. Liebe Frau Lomberg,
      Das ist so schön zu lesen! Vielen Dank für das tolle Feedback! Wir hoffen, dass diese schöne Erfahrung lange in Erinnerung bleibt. Bleiben Sie gesund und genießen die erholsame Festtage mit Ihren Liebsten. In der Hoffnung Sie bald wieder zu begrüßen (vielleicht bei den Olivenöl-Abholtage in Mai?), senden wir liebe Grüße aus Wilstedt.
      Ihr arteFakt-Team

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