Auf der Suche nach Antworten und Lösungen

Vom Athener Flughafen führt unser Weg über den nördlichen Peloponnes durch karge Landschaften und ausgetrocknete Böden, die fast vollständig ihres Grüns beraubt waren. Aber auch auf dem südlichen Peloponnes, wo mehr Grün zu sehen ist, bleibt das Wasser knapp. Die Olivenbäume tragen zwar viele Früchte, doch nicht so voll und „saftig“, wie sie es zu dieser Jahreszeit sein sollten. Die Hoffnung ruht auf dem September, in der vagen Erwartung, dass er den langersehnten Regen bringen möge. Wasser, oder vielmehr dessen Mangel, ist allgegenwärtig. Als Niko, der Vorsitzende der Kooperative Eleonas und Dimitrios sich in Marathopoulos, dem Ort unserer Unterkunft für die Tage des Seminars, begrüßen, ist ihre erste Frage nicht etwa, wie es ihren Familien geht, sondern wie oft es beim anderen geregnet hat. Jeder der seltenen Regentage wird hier wie ein runder Geburtstag in der Erinnerung festgehalten.

In den letzten Jahren verdichten sich die Zeiten zu früher und zu hoher Temperatur und zu langer Trockenzeiten, so suchen wir zusammen mit unseren Oliviers nach Lösungen, um die Gewinnung unserer Terroir-Olivenöle auch in Zukunft zu sichern. Einen Ansatz zu einer anderen Art der Humusbildung haben wir in Kalamata gefunden, den wir – Manuela und Jakob von arteFakt – gemeinsam mit unseren Oliviers Michele Librandi (u. a. Olivenöl No.3 und Leiter unserer AgroForst-Fachgruppe) und Dimitrios Sinanos im Biocyclic Park von Dr. Eisenbach in einem dreitägigen Workshop kennenlernen wollen.

Der Workshop beginnt mit einer spannenden Einführung in die mikrobiologischen Grundlagen des Kompostierens. Wir lernen, wie pflanzenbasierter Kompost zu hydroponischem Kompost-Substrat (PCS) und schließlich zu einer Humuserde umgewandelt wird. Der biozyklisch-vegane Anbau, bei dem auf tierische Exkremente zur Kompostbildung verzichtet wird, wird uns weniger als aktueller Trend einer veganen Ernährung vorgestellt, als mehr für die Nährstoffaufnahme von Pflanzen:

  • Passive Nährstoffaufnahme: Pflanzen nehmen Nährstoffe aus künstlichen oder tierischen Düngemitteln auf, die sich im Wasser lösen, ohne Einfluss auf die Art der Nährstoffe zu haben.
  • Aktive Nährstoffaufnahme: Pflanzen locken Mikroorganismen im Boden durch Zucker an und erhalten im Gegenzug von ihnen wichtige Nährstoffe.

Um diese Aufnahme zu fördern, müssen leicht verfügbare Nährstoffe aus dem Boden entfernt werden. Letzteres lässt sich durch den sogenannten Auslaugungstest (leaching test) beobachten, den wir an einem späteren Zeitpunkt an unterschiedlichen Bodenproben durchführen. Zu Beginn ist das austretende Wasser braun, da es künstliche oder tierische Nährstoffe enthält, die sich auswaschen lassen und so ins Grundwasser gelangen. Bei fertig ausgereiftem Humus hingegen ist das Wasser klar. Der Begriff „biozyklisch“ deutet auf einen Kreislauf hin, in dem Pflanzen sich damit in einem aufbauenden und erhaltenden System selbst versorgen und es nicht mit „künstlich“ zugeführten Düngestoffen zu einem nur verbrauchenden und abbauenden System führt.

Im anschließenden praktischen Teil des Workshops arbeiten wir direkt mit organischem Material wie Oliventrester, Olivenblätter, Weintrester, Pilzresten und Stroh. Wir lernen mit ihnen die richtige Kohlenstoff-Stickstoff-Balance für Kompost zu erreichen und vermengen die Materialien zu einem Kompost-Hügelbeet. Für das tägliche oder auch mehrmalige Wenden des Hügels in der ersten Kompostphase, braucht es Spezialmaschinen, um eine effiziente Mischung und den Ablauf der inneren Prozesse zu gewährleisten.

Nach der Mittagspause folgt ein weiterer Theorieblock, in dem wir lernen, anhand welcher Parameter der optimale Zeitpunkt zum Wenden des Komposthügels bestimmt wird. Daran kann man auch feststellen, ob die organische Masse noch Kompost oder bereits PCS bzw. Humus-Erde geworden ist. Am nächsten Seminartag messen wir dann verschiedene Parameter wie Temperatur, Feuchtigkeit und den CO2-Gehalt des von uns angelegten Komposthügels. Diese Messungen dienen vor allem dem Lernen, denn schon ein kurzer Griff in den Kompost zeigt, dass die Hitzeentwicklung so stark ist, dass man sich fast die Hand verbrennen könnte. Es ist ein klares Zeichen dafür, dass wichtige Nährstoffe schnell verloren zu gehen drohen. Aufgrund dieser Aktivität im inneren des Komposthügel muss dieser dann gewendet werden, was zum Absenken der Temperatur und zum Verlangsamen des Kompostierungsprozesses führt. Das ist zeitaufwendig und macht schnell deutlich, dass es einen Olivier auch herausfordern würde. Neben der Neuanschaffung erforderlicher Maschinen muss er seine bisherige nur auf die Oliven ausgerichtete Landwirtschaft und Arbeit neu organisieren, was nicht eben mal schnell nebenbei gemacht werden kann.

Als nächstes fahren wir zu einer nahegelegenen Farm, wo ein Ehepaar im Frühjahr zwischen ihren Olivenbäumen ein PCS-Hügelbeet angelegt hat. Möglicherweise so, wie wir es auch für unsere Experimente vorhaben und machen könnten. Wir beobachten, dass die dort auf den Hügelbeeten wachsenden Pflanzen und Früchte üppig und beeindruckend groß wachsen und auch die umstehenden Olivenbäume besser aussehende Oliven tragen. Möglicherweise sind das aber auch nur Mitnahmeeffekte, die sich aus der Bewässerung der Hügelbeete ergeben. Andererseits fungiert Humuserde nicht wie herkömmlicher Humus aus der Verrottung oder der Wurmzucht mit auch tierischen Exkrementen nicht als Schwamm der Wasser speichert. Humuserde fördert die Vielfalt über und unter der Erde mit einer lebendigen Welt der Mikroorganismen und der Pflanzenvielfalt für ihr synergetisches Zusammenwirken der Selbstversorgung des Kreislaufes ihrer Ernährung und ihres Schutzes. Seit über zwanzig Jahren treibt Johannes die Frage um wer eigentlich die Erde gedüngt hat bevor es uns Menschen gab. Ebenso lange erforscht er mit der Entwicklung der Humuserde und der Art ihrer pflanzlichen Bewirtschaftung eine Antwort darauf zu finden. Schaut man sich auf seinem Versuchsgelände die über die vielen Jahre seiner Forschung angelegten Hügelbeete mit ihrem üppigen Bewuchs an, und dass er sie noch nie gedüngt hat, dann spricht einiges dafür, sich näher damit zu befassen, auf unserem Weg der Suche dem Klimawandel trotzen zu können.

Am letzten Tag des Workshops diskutieren wir für verschiedene Szenarien die dafür dann notwendigen Investitionen, wann mit ersten Erträgen zu rechnen ist und in welchen Zeiträumen sich die Investitionen erwirtschaften lassen könnten. Die Antworten zeigen uns wieder, dass es zur Abwehr des Klimawandels keine einfachen und schnellen Lösungen gibt. So verabschieden wir uns mit gemischten Gefühlen. Einerseits nehmen wir wertvolle Erkenntnisse mit und anderseits bedeuten diese Wege auch einen Paradigmenwechsel, für den Transformationswege gefunden werden müssen, mit denen wir auf verantwortliche Weise überzeugen können, diesen Wandel auch zu wagen. Und wir bleiben in dem Zwiespalt bei neuen Projekten eigentlich „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ zu beachten und aktuell einen schneller werdenden Trend der Klimaveränderungen zu erleben. 

3 Gedanken zu „Workshop im Biocyclic Park mit Dr. Eisenbach“

  1. Frage: welchen Effekt werden diese Kompostierbeete in der Nachbarschaft von Olivenbäumen auf die Qualität und den Geschmack des Öls haben. Vom Wein wissen wir, dass der Geschmack und das Aroma wesentlich von den geologischen Bedingungen abhängt. Diese würden ja mit den Kompostbeeten deutlich verändert.

    1. Ich bin diesbezüglich kein Fachmann, aber kann sagen, dass der Geschmack und das Aroma eines Olivenöls von zwei wesentlichen Faktoren abhängt: Olivensorte und Reifegrad. Durch eine Veränderung des Untergrunds ergeben sich natürlich auch andere Ergebnisse. Die Olive trägt weniger oder mehr Feuchtigkeit, wird kleiner oder größer. Am Ende ist es wie beim Wein die Kunst des Oliviers, durch Beobachtung des Reifegrades den passenden Zeitpunkt für die Ernte zu finden.
      Fast alle Terroir-Olivenöle von arteFakt unterscheiden sich von Jahrgang zu Jahrgang (minimal).

    2. Die Entwicklung einer Bodenkultur soll einerseits zur verbesserten Wasserspeicherfähigkeit führen und weiter zu einer kultivierten Vielfalt an Bodenlebewesen, die den Boden lockern, lüften und mit Nährstoffen versorgen, im optimalen Fall durch die Pflanzenvielfalt als Selbstversorger. Das führt zu einem gesunden Wachstum, auch der Oliven mit einem verbesserten zellularen „Leben“ mit Auswirkungen auf die Fruchtigkeit der Oliven. Hier muss dann in Geschmack und Aromen unterscheiden werden. Der verbesserte Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen hat Auswirkungen auf den Geschmack, wie der herben und pfeffrigen Geschmacksnoten durch die Polyphenole und des Oleocanthals. Aromen entstehen dagegen durch „Auswaschungen“ mineralische Salzionen aus den tiefen Bodenbereichen, die sich in den Fruchtzellen anreichern und sich unter Einfluss von Sauerstoff in einem mehrstufigen chemischen Prozess dann zu Aromen mit einem bestimmten Geschmacksprofil verbinden. Da Salzionen in den oberen Bodenschichten nicht vorkommen, auch nicht in Kompost oder Humus, entstehen daraus keine Aromen. Die Bepflanzung des nahen Baumumfeldes mit z.B. Büschen, die nicht tief wurzeln können, zwingen den Olivenbaum tiefer zu wurzeln, was er kann aber nur macht, wenn er es muss und sie damit in die tiefen mineralischen Schichten vordringen lässt. In den Endbereichen geben Wurzeln dann eine Säure ins Bodenumfeld ab, die Salzionen aus den Mineralien löst und sie in das Bodenwasser abgeben, dass die wiederum die Wurzeln aufnehmen und in die Fruchtzellen transportieren. Dieser Mechanismus ist einer der wichtigen Stränge für den Terroir-Begriff, weil Kalk, Granit, Lehm, Ton und Schiefer unterschiedliche Salzionen enthalten, die aber für sie im späteren Wein oder Olivenöl prägend sind. Die gleiche Weinrebe auf diesen Böden, vom gleichen Winzer auf gleiche Weise vinifiziert erbringt signifikant unterschiedliche Aromen, was aber nicht am Kompost oder Humus liegt. Kompost und Humus fördern ein aktives Bodenleben, dass dabei hilft den Boden für die Wurzeln für eine bessere Nährstoffaufnahme mit den entsprechenden biochemischen Prozessen zu erschließen. Auch das lässt sich als komplexe Wahrnehmung schmecken, ist aber im hier verwendeten Sinne kein Geschmack und kein Aroma.

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