DRECKSARBEIT

Der Mikrokosmos unter unseren Füßen

In einer Handvoll Boden gibt es mehr und vielfältigeres Leben als darüber. Die Fotografen Nicole Ottawa und Oliver Meckes zeigen in einem Bildband spektakuläre und beeindruckende Aufnahmen, dieser für unser bloßes Auge nicht sichtbaren Wesen aus dem Kosmos dieser Mikrowelt. Beim Anblick vieler dieser Wesen beschleicht einem auch etwas Unbehagen und man freut sich, dass sie nicht größer sind. (Dilling und Galitz Verlag, www.dugverlag.de oder bei uns im Shop). Mit den klimatischen Veränderungen längerer Trockenzeiten und anhaltend hoher Temperaturen rücken sie mit ihrer Aufgabe im Boden für unser Leben und unsere Existenz jetzt nicht mehr nur für Wissenschaftler in den Fokus der Aufmerksamkeit.

In einem lebendigen Boden leben in einem Kubikmeter Erde 100 Regenwürmer, 300 Tausendfüßler, 1.000.000 Fadenwürmer, 100.000.000 Algen, 100.000.000.000 Pilze, 30.000.000.000.000 Bakterien und Mikroben. Sie alle machen die „Drecksarbeit“ für einen gesunden Boden, der dann auf natürliche Weise die Nährstoffe für die Pflanzen erzeugt und bereitstellt, von denen auch wir uns dann ernähren. Und sie bilden Humus, dessen Rolle im Boden mit den Klimaveränderungen immer wichtiger wird, weil er Wasser speichern kann. Mit der Entwicklung der modernen Landwirtschaft übernehmen künstliche und chemische Produkte die Nährstoffversorgung mit deren Turboeffekten die Erträge auch gesteigert werden können. Mit der einhergehenden mechanischen Bodenbearbeitung mit großen und tiefgreifenden Maschinen und der Einseitigkeit von gepflanzten Monokulturen erstarb vielfach das Bodenleben und seine Bewohner. So sind die Landwirtschaftsflächen heute vielfach nur noch „tote“ Böden, ohne einen nennenswerten Humusgehalt und haben damit ihre Wasserspeicherfähigkeit verloren. Ohne Humus wird der Boden hart, verliert seine Porigkeit und nimmt daher bei Starkregen, der jetzt häufiger vorkommt, kein Wasser auf, sondern lässt es an der Oberfläche abfließen. Und ohne Humus, der wie ein Schwamm wirkt, kann er das Wasser nicht speichern und halten und bei Trockenheit langsam wieder freigeben.

Sie hilft bei der Rückgewinnung des Bodenlebens in dem Kosmos der Mikrowelt zum Aufbau von Humus und unterstützt die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens. Pflanzenkohle kann aus allen pflanzlichen Produkten wie Holz, Blätter oder anderen Pflanzenteilen hergestellt werden. In Pyrolyseöfen werden sie bei sehr hohen Temperaturen von über 450°C hergestellt, übrig bleibt dann weitgehend nur das verkohlte Gerüst des Zellgewebes. Pflanzenkohle enthält damit eine Struktur unzählbar kleiner und leerer Hohlräume, die als Speicher oder als Wohnräume genutzt werden können. Pflanzenkohle ist also kein Dünger, sondern ein Habitat für Mikroorganismen. Um das Einziehen und das Vermehren dieser Organismen zu fördern, werden die Hohlräume zunächst mit Nahrungsmitteln für die Organismen „geimpft“, was auch als Aktivierung bezeichnet wird. Die Pflanzenkohle wird dafür in Gülle, Pflanzenjauche oder Gärflüssigkeit, z.B. aus einer Biogasanlage, gelegt, die in die Poren eindringt. So wird Pflanzenkohle zum Luxushotel für Bakterien und Mikroben, die sich dann mit dem Düngen des Bodens dafür bedanken. Weiterhin sind sie einen wichtigen Faktor in der Nahrungskette all der anderen Bewohner, die zur Humusbildung gebraucht werden.

Mit dem gigantischen Porenvolumen unterstützt die Pflanzenkohle, neben dem Humus, auch die Wasseraufnahme und Speicherfähigkeit des Bodens für die Zeiten der Trockenheit. Sie hat damit einen doppelten Effekt und Nutzen. Und auf jedem Olivenhain oder in jedem Garten fallen jedes Jahr nach der Ernte organische Pflanzenteile an, die sich zuvor getrocknet als Pflanzenkohle herstellen ließe und dem Boden zurückgegeben werden kann.

Pflanzenkohle ist heute noch so teuer, dass Landwirte sich das nicht leisten. Mit dem Unternehmer Walter Danner, einem Mitglied unserer Genossenschaft und der Foundation Char2cool verfolgen wir die Erprobung einer konsequenten Kreislaufwirtschaft bei der Herstellung von Pflanzenkohle. Walter hat in seinem Unternehmen Snow Leopard Projects eine autarke Carbon-Box entwickelt mit der der jährlich anfallende Baumschnitt der Olivenbäume, die Olivenblätter, die Olivenkerne und die Spleißen des Hartweizens vor Ort zu Pflanzenkohle pyrolysiert werden können. Die Cooperative Emanuele De Deo (Olivenöl No. 7 fruchtig & natives Peperoncino- und Lorbeer-Olivenöl) erprobt mit uns jetzt die Carbon Box, zunächst für ein Jahr, in der Praxis und auf ihre Wirtschaftlichkeit.

Unser Partner und Fachexperte für Permakultur und Agroforstwirtschaft, Giuseppe Sannicandro, der in Palombaio lebt, dort wo auch unser Patenschafts-Olivenhain und Landschaftsmuseum liegt, hat jetzt den ersten Praxistest eingeleitet. Die Pflanzenkohle aus der Carbon Box hat er zunächst zehn Tage lang aktiviert. Dafür hatte im Giuseppe Lombardi (Olivenöl No.7 grün) von seinem Oliven-Müller aus Andria, der auch eine Biogasanlage betreibt, aus ihr die Gärflüssigkeit zum impfen besorgt. Und jetzt haben sie zusammen, auch unterstützt von Davide Colasanto, der in Ruvo die Wurmzucht zur Herstellung von Humus betreibt, die Pflanzenkohle um ausgewählte Olivenbäume herum in die Erde, nahe der Wurzelenden gebracht. Wir sind gespannt auf erste Effekte, die sich ab dem kommenden Frühjahr im Unterschied zu den anderen Olivenbäumen zeigen werden.

Von der Foundation char2cool, was frei übersetzt „mit Pflanzenkohle die Erde kühlen“ bedeutet haben wir für Ihren Garten oder ihre Pflanztöpfe jetzt Pflanzenkohle übernommen, mit dessen Inhalt eines Eimers die Fruchtbarkeit von 1 m² Erde bzw. Boden gesteigert werden kann. Wir bieten sie zum Preis von 10,00 Euro für eigene Tests an und freuen uns, wenn Sie uns von Ihren Erfahrungen berichten. Hier zum Shop und zu weiteren Erklärungen der Anwendung.

Walter Danner unterstützt mit einem gewichtigen Teil der Gewinne aus seinem Unternehmen die Foundation, die damit in Afrika Frauen unterstützt die Pflanzenkohle für ihre Selbstversorgungsgärten selbst aus Wasserhyazinthen herzustellen. Wasserhyazinthen lassen dort als invasive Art viele Gewässer zuwachsen und „ersticken“. Zur Herstellung hat Walter einen Einfach-Pyrolyseofen aus einem Benzin- oder Ölfass entwickelt, der leicht zu bauen ist. Mit der Pflanzenkohle gelingt es die Erträge dann deutlich zu steigern, was den Frauen ermöglicht einen Teil ihrer Ernte auch auf den lokalen Märkten zu verkaufen und mit dem eigenen Geld ihre Unabhängigkeit zu stärken.

Unter www.char2cool.org erfahren sie mehr über die Projekte der Foundation, die auch als gemeinnütziger Verein anerkannt ist und damit steuerbegünstigte Spendenbescheinigungen ausstellen kann.