Warum eigentlich Vinaigrette und wann eine weiße und wann eine schwarze?

Am Anfang der Auswahl für einen Salat steht nicht die Vinaigrette, sondern die Hauptkomponenten von Blättern, Gemüse und Obst und ihren aromatischen Prägungen, die den Salat ausmachen sollen. Allgemein gesprochen soll ein Salat gut schmecken, was aber macht das aus? Mit würzenden Beigaben ist das leicht zu schaffen, nur überdeckt das dann die Aromen der Blätter, des Gemüses und des Obstes. Ein Salat kann als gelungen bezeichnet werden, wenn diese das Geschmackserlebnis prägen, denn alle weiteren Zutaten sollen nur helfen sie zum „Blühen“ zu bringen. Zum Gelingen ist dafür Sensorik und etwas Fachwissen gefragt und beginnt mit Schmecken und probieren.

Wie schmecken meine Zutaten für den Salat?

Eine rohe Möhre z.B. enthält fruchtige und nussige Aromen. Soll die fruchtige Note zur Geltung kommen, wählt man z.B. das Olivenöl No.29 mit seinen Aromen frühreifer Banane und für die nussige Note das Olivenöl No.11 mit seinen nussigen Anklängen. Auch für feinaromatische helle oder tiefgrün dunkle Blätter empfiehlt sich daher nicht einfach irgendein Öl. Auch helle Blätter sind nicht immer feinaromatisch und können Geschmackskomponenten, wie z.B. Bitter- oder Kräuternoten haben, die mit weiteren Zutaten in eine Balance und Harmonie gebracht werden wollen.  

Welche Aufgabe haben Fette und Säuren im Salat?

Bevor man den Essig wählt ist das Verständnis über seine Aufgabe von Vorteil, warum gibt es eigentlich eine Vinaigrette aus Öl und Essig?

Fette können viel aufnehmen, so auch sekundäre Pflanzenstoffe, Vitamine und Aromen aus den oft ätherischen „Säften“, die beim Zerkleinern aus Blättern, Gemüse und Obst heraustreten. Biochemisch passiert dabei eine ganze Menge, etwas unwissenschaftlich und vereinfacht aber leichter verständlich lässt sich ausdrücken, dass sie in dem Speiseöl gemütlich schlummern und erst geweckt werden müssen, um von unseren Geschmackssensoren erfasst werden zu können. Diese Aufgabe kommt der Säure zu, sie weckt die Aromen. Würde es nur um die Funktion des Einlagerns und Weckens gehen, könnte es ein beliebiges flüssiges Speisefett und eine Säure sein. Bei Vitaminen wäre noch zu beachten, dass es wasser- und fettlösliche Vitamine gibt und solche, die dafür mehrfach ungesättigte Fettsäuren benötigen. Hier sollte es aber mehr um die Ausdruckskraft von Aromen mit einem tollen Geschmackserlebnis des Salates gehen. Deshalb empfehlen wir die Auswahl von guten und verschiedenen Olivenölen und Balsamessigen, die auch eigene Aromen- und Geschmacksnoten mit einbringen. Olivenöle enthalten bis zu 85% der bekömmlicheren einfach ungesättigten und bis zu 14% der mehrfach ungesättigten Fettsäuren. 

Welches Verhältnis von Olivenöl zu Balsamessig ist das richtige?

Grundsätzlich empfehlen wir Balsamessige zu verwenden, sie „beißen“ nicht und lassen im Mund nicht alles zusammenziehen. Aber auch bei Balsamessigen geht es zuerst um die Funktion der Säure und ihr richtiges Maß der Zugabe. Der Salat soll im Vordergrund nach Gurke, Fenchel, Tomate, Rucola etc. schmecken nicht nach der Vinaigrette. So ist zuerst zu prüfen, welche der Hauptzutaten bereits beim Zerkleinern auch Säure freisetzen. Erdbeeren und Mango enthalten z.B. viel Säure, obwohl sie uns als süße Früchte erscheinen.

Also erst von den Hauptkomponenten des Salates kosten, ob es ein feinaromatisch oder kräftig aromatischer Salat werden wird. Bei feinen Aromen liegt das Mischungsverhältnis eher bei 5 Teilen Öl und nur 1 bis 2 Teilen Säure. Und bei kräftigen Aromen bei 5 Teilen Öl und 2 bis 3 Teilen Säure.

Nun noch etwas Chemie bevor es zu den Rezepturen geht. Eine Vinaigrette ist eine Wasser-in-Öl-Emulsion, daher muss dem Olivenöl und dem Balsamessig immer „ein Schluck“ Wasser zugegeben werden. Da zu ihrer Stabilisierung keine Emulgatoren verwendet werden, wie z.B. Eigelb, löst sie sich über die Zeit wieder auf. Um eine Emulsion zu werden, muss das Wasser erst in sehr kleine Tröpfchen zerschlagen werden, die sich dann in den Verbund der Olivenölmoleküle einlagern können. Ähnlich wie eine Mayonnaise muss eine Vinaigrette daher mit einem Schneebesen nicht gerührt, sondern geschlagen werden. Gleiches passiert in einem Schüttelbecher mit einem Gittereinsatz.

Zur Erinnerung, die Aufgabe der Vinaigrette ist zunächst eine biochemische und erst dann eine, die die Hauptzutaten des Salates geschmacklich unterstützen und ergänzen sollte. Auch wenn die Vinaigrette gelungen ist und für sich alleine schon mundet, sollte der Salat mit ihr nur benetzt und nicht darin „gebadet“ werden.

Rezeptur-Tipps weiße Vinaigrette

5 Teile des ausgewählten Olivenöls und 1 bis 2 Teile Campo del Picchio-Condimento*, nach dem Abschmecken, kann mit der weiteren Zugabe von Condimento nach eigenem Gusto noch abgeschmeckt werden. Ein wenig Wasser, je nach Menge der Vinaigrette 1 Tl bis 1 EL zugeben. Die Vinaigrette lässt sich gut noch mit etwas Senf stabilisieren und sämiger werden lassen. Dafür sollte ein milder Senf genommen werden, der auch geschmacklich mit den weiteren Zutaten harmonisiert, sehr schön z.B. der Sommersenf „Sonne“ von Senf-Pauli oder auch ein Dijon-Senf.    

Wer unsere groben und mikroplastikfreien Urmeer- und Kräutersalze über den Salat streuen möchte, verzichtet auf das Salzen der Vinaigrette. Das Zugeben von fein gehackter Knoblauchzehe und fein geschnittenen Kräutern in die Vinaigrette macht dagegen Sinn, es wiederholt sich hier der oben beschriebene biochemische Vorgang, warum es eine Vinaigrette für den Salat gibt.

Der mit der Vinaigrette benetzte Salat sollte vor dem Servieren noch in Ruhe einwirken (marinieren) und dafür ca. 20 bis 30 Minuten kühl gestellt werden.        

*Als Condimento wird ein einjähriger Balsam-Weißweinessig bezeichnet, dessen Traubenmaische vor dem Vergären nicht wie beim Balsamico zuvor gekocht wird.

Rezeptur-Tipps schwarze Vinaigrette

Einfache Variante: Ebenso wie mit der weißen Vinaigrette verfahren, allerdings können hier auf 5 Teile des gewählten Olivenöls 2 bis 3 Teile il Picchio, dem schwarzen Balsamico di Modena mit einer Reife von sieben Jahren gegeben werden. Der siebenjährige Balsamico hat bereits eine schöne Würze und auch gegenüber der Süße noch genug Säure, was für den Geschmack mit den weiteren Zutaten gebraucht wird. Der zwölf Jahre gereifte Sua Maesta ist für eine Vinaigrette bereits zu süß und wird nur pur über Salat, Erdbeeren oder einen Mozzarella verwendet.

Italienische Variante: Mit dem würzig-kräftigeren und bereits leicht süßlichem Geschmack ist der il Picchio Balsamico robuster als der Condimento für die Zugabe weiterer Zutaten. In Italien werden dem Grundansatz daher gern ein bis zwei in Öl eingelegte kleine Sardellen zusammen mit einer zerquetschten Knoblauchzehe zugegeben, dazu etwas Ahornsirup (lässt sich besser verrühren als Honig) und herzhaftere Kräuter, was gern auch mal frischer Thymian sein kann. Auch der Senf kann hier dann ausdrucksstärker sein, was sich eher nicht auf die Schärfe von „Löwensenf“ als seine Würzigkeit bezieht, z.B. der Mord im Orient von Senf-Pauli.

Tipp zum Experimentieren: Anstelle der Sardellen kann auch etwas asiatische Fischsauce oder eine weiße Sojasauce verwendet werden. Wer den Mord im Orient nicht zur Verfügung hat, kann auf den süßen Dijon-Honigsenf ausweichen. Neben der Kräutervielfalt als Zugabe lässt sich diese Vinaigrette neben der Süße auch gut mit einer pikanten Peperoncino-Note verbinden.                

23.07.2023

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert